Veranstaltung: | 51. Landesversammlung und Wahlversammlung zur Aufstellung der Landesliste für den 7. Sächsischen Landtag |
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Tagesordnungspunkt: | TOP 4 Verschiedenes |
Antragsteller*in: | Dr. William Hester (Leipzig KV) |
Status: | Zurückgezogen |
Eingereicht: | 20.03.2019, 18:36 |
V2: Antrag zur Landesdelegiertenkonferenz
Antragstext
Die Abgeordneten der Bündnis90/Grünen im Bundestag und sächsischen Landtag mögen
darauf hinarbeiten, dass folgende Bestimmungen im Bundesbaugesetz und in der
sächsischen Bauordnung und Finanzplanung aufgenommen werden:
Bei Neubauten und Sanierungsmaßnahmen, welche einen Ersatz von Dachträgern
inkludieren, ist die Dachform so zu gestalten, dass
1. eine optimale Fläche mit südlicher Ausrichtung für die Montage von
Photovoltaik- und Sonnenwärmepaneele gewonnen wird,
2. der Schutz der Dächer gegen Flugfeuer und strahlende Wärme durch die Montage
von geeigneten Paneelen solcher Art gewährleistet wird,
3. Kniestöcke auf der Südseite der Dachstühle auf eine Höhe von mindestens 1 m
erhöht werden, um den Ausbau zum Wohnraum zu ermöglichen,
4. Satteldächer keine Dachfirst mit Nord/Südausrichtung haben, sonder Ost/West,
5. bei Gründstücken mit Grenzlinien, welche alle einen höheren Winkel von mehr
als 20° zur Ost/Westlinie haben, eine asymmetrische Dachform gebaut wird, um die
Gewinnung von Sonnenenergie zu optimieren,
6. Mikrowindkraftanlagen mit weniger als 3 m Durchmesser de Windrads und
Lärmbildung unter 44 dB montiert werden,
7. die Installation von Speicheranlagen vorgeschrieben wird, um die Stromenergie
zu den Bedarfszeiten verfügbar zu machen und die Abgabe ins öffentliche Netz für
in den Bedarfszeiten zu ermöglichen, und
8. die Errichtung von Ladestationen für E-Autos in Straßennähe, soweit das
Grundstück an einer Straße grenzt.
9. Für sonstige Häuser, Geschäftsbauten und sonstige bebaute Flächen mit
geeigneten Dachflächen sollen die Stadt- und Gemeindeverwaltungen ermächtigt und
verpflichtet werden, von Amtswegen anzuordnen, dass solche Photovoltaik- und
Mikrowindkraftanlagen angebracht werden, soweit der örtliche Strombedarf nicht
anderweitig mit erneuerbaren Energien eingedeckt ist.
10. Der Bund und die Länder sollen ausreichende Finanzierungsmittel hierfür ohne
engstirnige Bankprüfungen zur Verfügung stellen.
Begründung
Wenn wir die Abhängigkeit von Kohle- und Kernkraftenergie abschaffen wollen, muss die Gewinnung von erneuerbaren Energien schleunigst ausgebaut werden. Die Errichtung von Wind- und Solarparks auf Kosten des Verlusts von Forst- und landwirtschaftlichen Flächen muss auch minimiert werden, den Bedarf an Lebensmitteln und Umwandlung von CO2 in Sauerstoff zu gewährleisten. Also müssen alle bebauten Flächen in die Pflicht genommen werden.
In den letzten Jahren gab es unzählige Neubauten und Sanierungen ohne diese Maßnahmen für die Gewinnung von erneuerbare Energie gegeben, weil die Stadtverwaltung und Kräfte im Stadtrat die Stromerzeugung fest in den Händen der Stadtwerke und der Braunkohle Befürworter halten wollte. Dem muss ein Ende gesetzt werden. Mit diesen Maßnahmen für die Energiewende müssen wir allen aufs Dach steigen!
Die Rentabilität der nötigen Investitionen stellt jedoch noch ein gewisses Risiko für die Wirtschaft und den privaten Haushalt dar. Photovoltaik und Windkraftanlagen machen sich erst in etwa 10 Jahren bezahlt, und eine Lebensdauer der jetzigen Speicheranlagen ist nicht unbedingt 10 Jahre. Also muss der Staat für das Investitionsrisiko einstehen, denn der Umstieg in der Energiepolitik ist im klaren Interesse der Allgemeinheit.
Kommentare
Anja Osiander:
Ich meine: Mit kleinteiligen technischen Vorschriften schaffen wir keine wirksame Klimawende. Wir liefern aber jede Menge Munition für Verunglimpfungen durch politische Gegner:
"Die Grünen als Schildbürger - wollen uns jetzt auch noch vorschreiben, daß wir nur noch Dächer nach Süden bauen dürfen, und verlangen den Einbau von teuren, aber bisher wenig leistungsstarken und störungsanfälligen Batterien - als ob das Bauen nicht schon teuer genug wäre... Und was nützt das Ganze, solange Aluminiumwerke soviel Strom verbrauchen dürfen, wie sie wollen, ohne EEG-Umlage zahlen zu müssen. Die Grünen machen uns kleine Leute mal wieder zu den Leidtragenden..."
In den Niederlanden hat das neue rechtspopulistische Forum für Demokratie gerade mit genau solchen Sprüchen aus dem Stand die Kommunalwahlen gewonnen.
Soviel zur Kritik im negativen Tonfall. Wie könnte man es denn besser machen?
Was wir brauchen, ist eine Politik *für mehr Wettbewerb* zugunsten der schlausten Lösungen für eine klimagerechte Wirtschaft. Das schließt klare Vorgaben ein, aber eben auf nicht auf der Ebene der technischen Mittel. Wie das gehen kann, das hat das Volksbegehren für Artenvielfalt in Bayern gerade eindrucksvoll vorgeführt. Um von dem Wunsch der Wählerschaft nach wirksamem Artenschutz nicht überrollt zu werden, tritt die bayrische Landesregierung die Flucht nach vorne an und fordert jetzt selbst einen Umbau in der bayrischen Landwirtschaft mit 30% ökologisch bewirtschafteter Flächen bis 2030.
Das können wir auch! Zum Beispiel mit einer Art Marshallplan für ein klimafreundliches Sachsen...
Hauptadressaten: a) die sächsischen Kommunen und ihre Wirtschaftsbetriebe, 2) die sächsischen Unternehmen, vor allem der handwerkliche Mittelstand, und 3) die sächsischen Landwirte.
In unserem Wahlprogramm stehen dafür schon gute Bausteine drin, zum Beispiel der Sachsen-Takt für einen klimafreundlichen Verkehr auch in der Fläche. Für Koalitionsverhandlungen sollten wir auch auf das Beispiel Bayern verweisen und eine gezielte Steigerung des Öko-Landbaus auf 30% der Nutzflächen bis 2030 fordern...
Allein diese beiden Forderungen würden bei ihrer Umsetzung in kurzer Zeit deutlich zum Klimaschutz in Sachsen (und per Inspiration auch darüber hinaus) beitragen. Der Beitrag der hier vorgeschlagenen Änderung der Bauvorschriften zum Klimaschutz erschließt sich mir dagegen nicht. Ich befürchte, daß damit vor allem die Suche nach Schlupflöchern befördert wird.
Martin Kusic:
nicht nur in Dir brennt der Tatendrang nach konkreten Lösungen zur Umsetzung der Energiewende in unseren Städten und Dörfern und deren baulichen Strukturen.
Jedoch: Firstrichtungen, bestimmte Kniestockhöhen, bestimmte Gebäudeausrichtungen, bestimmte Winkel und Dachformen als Grüne Ziele zu fordern, das geht nicht. Begründung: Die Baukultur hat planungsrechtlich, städtebaulich, gestalterisch, nutzungs- und komfortbedingt eigene Anforderungen. Außerdem ist - hier als Beispiel zu Deinem Punkt 4. - eine reine Südausrichtung nicht unbedingt notwendig, siehe Berechnung* unten.
Deine Ansinnen sind an sich löblich, die drei Absätze Deiner Begründung zeigen in die richtige Richtung – lass uns weiter, ganz im Sinne des Änderungsantragstextes von Gerd, weiter daran arbeiten.
Unser V1-Antrag SACHSEN BAUT GRÜN ist, bei unserer letzten LDK einstimmig beschlossen, bereits jetzt Leitlinie unserer grünen politischen und parlamentarischen Arbeit und fordert in 8.: „Wir wollen den Bau und die Umrüstung von Gebäuden zu Energie-Plus-Häusern.“
*Beispiel gerechnet wie folgt: 30 Quadratmeter PV-Anlage, monokristallin. Diese Anlage hat eine Peakleistung von 4,05 KW.
Nehmen wir 45 Grad Dachneigung an. Bei einer reinen Südausrichtung bringt diese Anlage 3.968 kWh Ertrag. Bei einer Ostausrichtung bringt sie 3.280 kWh Ertrag, bei einer Westausrichtung bringt sie 3.010 kWh Ertrag. Wenn man die Anlage flach auf ein Flachdach legt bringt sie 3.557 kWh Ertrag.
Folglich ist die Forderung nach Vorgaben von Firstlinien bei Gebäuden nicht zielführend. Wenig Fläche mehr brächte bei anderer als Deiner geforderten Ausrichtung denselben Ertrag.
Die EU-Gebäuderichtlinie hat beispielsweise folgende Ansätze, die wir gerne für uns in Sachsen annehmen und konkret umsetzen wollen. Wir brauchen ganz wenig an den Grundsätzen ändern, sondern wir wollen konkrete Lösungen für unser gemeinschaftliches Leben in Sachsen voranbringen.
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RICHTLINIE (EU) 2018/844 DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS UND DES RATES vom 30. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie 2010/31/EU über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden und der Richtlinie 2012/27/EU über Energieeffizienz (Text von Bedeutung für den EWR)
(22) Durch Innovationen und neue Technologien können Gebäude auch zur allgemeinen Dekarbonisierung der Wirtschaft einschließlich des Verkehrssektors beitragen. So können Gebäude als Hebel für die Entwicklung der notwendigen Infrastrukturen für das intelligente Aufladen von Elektrofahrzeugen dienen und den Mitgliedstaaten eine Grundlage bieten, sich gegebenenfalls für die Nutzung von Autobatterien als Energiequelle zu entscheiden.
(18) Es gilt, die Erforschung und Erprobung von neuen Lösungen, mit denen die Energieeffizienz von historischen Gebäuden und Stätten verbessert werden kann, zu fördern und gleichzeitig das kulturelle Erbe zu schützen und zu bewahren.
(15) Es ist wichtig, dafür zu sorgen, dass Maßnahmen zur Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden sich nicht nur auf die Gebäudehülle konzentrieren, sondern alle relevanten Elemente und technischen Anlagen in einem Gebäude umfassen, etwa passive Elemente, die an passiven Techniken beteiligt sind, mit denen der Energiebedarf für Heizung oder Kühlung und der Energieverbrauch für Beleuchtung und Lüftung reduziert und so der thermische und visuelle Komfort verbessert werden sollen.
„
Ich freue mich auf anregende Gespräche,
Dein Martin.